Kulturveränderung. So gelingt sie in Unternehmen.

Drei Geheimnisse echter Kulturveränderung in Unternehmen 

Vielleicht stehen Sie momentan an einem Punkt als Unternehmer oder Führungskraft, an dem Sie merken, dass sich etwas verändern muss. Das Unternehmen, Ihr Team, die Kultur. Im Unternehmen läuft vieles nicht rund, Führungskräfte übernehmen keine Verantwortung, die Stimmung ist mau, Projekte versanden regelmäßig. Sie suchen vielleicht nach neuen Führungsansätzen oder der Frage, wie es gelingen kann, im Unternehmen wieder Motivation und Dynamik auszulösen. „New Work“, „Agilität“ und „Leadership“ sind in aller Munde – Sie haben sich damit vielleicht auch schon beschäftigt –, doch was genau bedeutet das eigentlich ganz konkret? 

Konflikte, Gefühle, die eigene Erwartungen, Druck und Stress, all dies ist Ihnen unter Umständen ausreichend bekannt. Doch ganz gleich, von welchem Blickwinkel Sie auf Ihre Organisation schauen: Sie wissen, es sind Zeiten des Wandels, des Wechsels, hin zu Sinnhaftigkeit, erstrebenswerten Aufgaben, inmitten von Bedürfnissen unterschiedlicher Menschen mit verschiedenen Motiven. Sie sind quasi mittendrin in einer Kulturveränderung, wenn Sie das wollen.

Kulturveränderung im Unternehmen

Die Kulturveränderung in Unternehmen, was bedeutet das konkret? Unternehmenskultur ist ein System gemeinsam gelebter und akzeptierter Werte, Normen, Verhaltensweisen und Praktiken. Vieles wurde „schon immer so“ gemacht. Ein solches System ist sowohl komplex als auch kompliziert. Die schiere Menge der potenziellen Handlungsfelder und deren Unberechenbarkeit machen es schwer bis unmöglich, an allen Ecken und Enden parallel ansetzen zu wollen. Ein notwendiger Ansatz ist es im ersten Schritt, dass die Veränderung zunächst von der Top-Führung des Unternehmens selbst ausgeht. Von hier kommen die ersten Impulse. Schnell sind aber die Mitarbeitenden sowie die unsichtbaren Wirkmechanismen im Unternehmen in den Blick zu nehmen. Das sind die herrschenden heimlichen Regeln, Einstellungen und Denkhaltungen (Gedanken und Gefühle), Werte, Erwartungen, Ängste und Bedürfnisse und verdeckte Konflikte.

Wie das gemacht wird, dafür gibt es keine Blaupause. Grundsätzlich gilt es, als System bzw. als Organisation einen gemeinsamen inneren Kompass zu finden und zum Leben zu erwecken. Neue Erfahrungen, neues Denken, verändertes Verhalten, all dies kann nur eine Frage eines gemeinsamen Prozesses des gesamten Systems sein. Dadurch entwickelt sich nach und nach ein neues Bewusstsein in der Organisation. 

Für den Entwicklungsprozess sind Leitplanken wichtig, die das Führungsteam anbieten muss. Es ist dafür dringend erforderlich, dass die Führung des Prozesses durch Menschen geschieht, die bereits das neue Bewusstsein leben und möglichst integriert haben. Gleichzeitig ist es erfolgskritisch, dass sich der Unternehmer oder die Top-Führungskräfte nicht „allein“ entwickeln, sondern darauf achten, dass sich die Mitarbeitenden durch individuelle und kollektive Selbstentwicklung mit entwickeln. Sonst erfolgt eine kontraproduktive Entfremdung zwischen Führung und Mitarbeitenden.

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Die drei Geheimnisse eines erfolgreichen Kulturwandels im Unternehmen

Ob ein Kulturwandel in Ihrem Unternehmen wirklich gelingt, hängt von Dutzenden Faktoren ab, die teilweise nicht einmal sichtbar sind. Es gibt keine Blaupause, die Sie sich aus dem Internet herunterladen und dann abarbeiten könnten. Grundsätzlich ist daher zwar ein systematisches, aber gleichzeitig iteratives, offenes Vorgehen während des Veränderungsprozesses zwingend erforderlich. 

Aus meiner persönlichen Erfahrung mit Veränderungsprojekten in Unternehmen haben sich drei wesentliche Faktoren herauskristallisiert, auf die Sie als Schlüsselperson persönlich Einfluss haben und denen Sie besondere Aufmerksamkeit schenken sollten:

1. Die Unterstützung durch die Führungskräfte

Wenn Sie neue Führungs- und Zusammenarbeitsformen einführen, führt das in aller Regel während der Zeit der Umgewöhnung und des Experimentierens zu Effizienzverlusten gegenüber dem herkömmlichen Zustand. Es handelt sich für die Zeit der Veränderung um eine Investition, die am Ende mit einer besseren Zukunft belohnt werden soll. Dass das so ist, muss unbedingt mit der Bereitstellung von Ressourcen ausgedrückt werden. Die Ressourcen können z. B. Zeit (Kapazität durch teilweise oder vollständige Befreiung von bisherigen Aufgaben des „Tagesgeschäfts“), Geld (z. B. für neue IT-Ausstattung) oder interne bzw. externe personelle Unterstützung (z. B. durch Coaches) sein.

Die Unterstützung durch die Führungskräfte ist außerdem durch deren Präsenz sicherzustellen. Die Präsenz muss nicht unbedingt durch langanhaltende physische Präsenz, beispielsweise in Workshops, ausgedrückt werden. Vielmehr ist die innere Präsenz gemeint. So ist es beispielsweise notwendig, dass die Geschäftsleitung und die Schlüssel-Führungskräfte eine klare Erwartungshaltung haben und kommunizieren, welche Ziele und Hoffnungen mit einer Veränderung von Kultur und Zusammenarbeit verbinden – und diese bei jeder Begegnung mit den Menschen im Unternehmen ausdrücken.

Außerdem hat es sich als sehr vertrauensfördernd gezeigt, wenn Sie sich neben Ihrer eigenen Erwartung auch für die Erwartungen der Mitarbeitenden interessieren. Dabei gehen Sie aber nicht investigativ-ausfragend vor, sondern zeigen sich neugierig und ehrlich interessiert. Überlegen Sie gemeinsam, was mit dem nächsten Veränderungsschritt oder mit dem nächsten Team-Workshop erreicht werden soll. Spielen Sie miteinander durch, wie es wohl ablaufen könnte und forschen Sie miteinander nach gemeinsamen Erwartungen oder vielleicht Zweifeln. Doch nicht nur vorher, auch nach Abschluss eines Workshops, oder der Einführung einer Veränderung, tauschen Sie sich aus. Reflektieren Sie, was gelungen ist, was vielleicht nicht – und welche Rückschlüsse Sie gemeinsam daraus ziehen. Seien Sie dabei voll präsent. Diese Gespräche müssen nicht lang sein, aber es ist wichtig, dass Sie mit Ihrer vollen inneren Aufmerksamkeit, mit vollem Fokus „da“ sind, bei Ihrem Mitarbeitenden und den gemachten Erfahrungen.

Diese Unterstützung durch Sie als Führungskraft geschieht zusätzlich zur (hoffentlich) eigenen Motivation der Mitarbeitenden (s. o.). Sie selbst tragen die Verantwortung dafür, dass Sie auf diese Weise Energie und Wertschätzung zur Verfügung stellen, auf deren Grundlage sich der Erfolg einstellen kann.

2. Die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden

Sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende sind immer dann besonders an der eigenen Veränderung und an der des Unternehmens interessiert, wenn sie sich mit dem Ziel der Veränderungen identifizieren. Darüber, wann und wie Identifikation entsteht, haben Sie im Kapitel 5.2. „Die Geheimnisse guter Zusammenarbeit in einem Team“ lesen können.

Außerdem entstehen ein eigener Antrieb und der starke Wunsch, aktiv an einer Veränderung mitzuwirken, wenn sie darin einen grundsätzlichen Sinn sehen. Wie die meisten anderen Menschen auch, fragen Mitarbeitende und Führungskräfte im Zusammenhang mit einer anstehenden Anstrengung – und Veränderung ist auch Anstrengung – danach, was für sie persönlich dabei herausspringt. „What’ s in it for me?“ ist eine typische und legitime Fragestellung. 

Auch ein übergeordneter Sinn („Purpose“, s. Kap. 6.3.), der die Motivation oder sogar Notwendigkeit einer Veränderung auslöst, ist intensiv handlungsleitend. Langfristig sind die Menschen motiviert, wenn sie an einem übergeordneten Ziel mitarbeiten können, statt kurzfristigen, willkürlich gesetzten Finanz-Zielen oder egozentrischen „Wir-werden-die-Besten“-Zielen.

Für das Starten, Durchhalten und Gelingen-Lassen einer Veränderung der Führungs- und Zusammenarbeits-Kultur benötigen Sie unbedingt die intrinsische Motivation des überwiegenden Teils der Menschen im Unternehmen. Nur mit ihrer starken inneren Beteiligung und Bereitschaft, die auf dem gemeinsamen Erarbeiten der Veränderungs-Ziele beruhen, werden sie Erfolg haben.

3. Die richtige Geschwindigkeit der Veränderung

Bei allem Ehrgeiz und aller positiven Motivation ist es wesentlich, dass Sie Ihre Zufriedenheit, Ihre Ihnen zur Verfügung stehende Kraft und Ihre Gesundheit nicht verspielen. Ich habe schon mehrfach Unternehmer gesehen, die entweder infolge hohen Drucks oder überbordender Begeisterung statt in den Erfolg in die Überforderung geraten sind. 

Eine hohe Intensität und eine hohe Effektivität beim Vorantreiben können durch die eigene Begeisterung zu Beginn kraftvoll unterstützt werden. Diese Intensität wird auch „positiver Stress“ oder Eustress genannt. Allerdings können das unser Körper und unser Nervensystem nur bis zu einem gewissen Punkt aushalten. Wenn wir uns keine Ruhepausen oder auch mal „die halbe Schlagzahl“ gönnen, kann das enorme Aktivitätslevel in negativen Stress, den sog. „Distress“ umschlagen. Die Folgen sind Ermüdung, Motivationsverlust und schlimmstenfalls – wenn aufgrund dessen sichtbare oder spürbare Erfolge ausbleiben oder Erreichtes wieder in sich zusammenfällt – Sarkasmus, Verzweiflung, bis hin zur Erstarrung. Dieses Risiko gilt nicht nur für Führungskräfte, sondern gleichermaßen für die Mitarbeitenden.

Wie können Sie das vermeiden?

Kehren Sie stets und ständig zurück zu Ihrer Selbstwahrnehmung. Lernen Sie Meditation, üben Sie Achtsamkeit und einen äußerst sorgfältigen, wertschätzenden Umgang mit sich selbst. Nehmen Sie intensiv und ergebnisoffen wahr, wie es Ihrem Organismus und Ihrem Geist geht. Und denken Sie an einen Schlüsselsatz, der mir bewusstwurde, als ich zum ersten Mal einem Zen-Meister gegenübergesessen habe: „Ich muss hier gar nichts!“

Eine gute Freundin von mir, die auch Coach und Persönlichkeitsentwicklerin ist, fragt Ihre Klienten manchmal: „Was ist das Schlimmste, was passiert, wenn Sie dieses Vorhaben jetzt nicht umsetzen?“ Die Antwort ist oft – wenn Sie wirklich ehrlich zu sich sind – harmloser als gedacht und dadurch äußerst befreiend und relativierend.

Machen Sie sich klar, dass Sie immer nur Schritt für Schritt gehen. Der Weg ist per se wertvoll. Finden Sie Ihren eigenen Weg. Immer im Jetzt, immer im Hier. Und bleiben Sie ganz Sie selbst, denn dadurch, dass es Ihr eigener Weg ist, ist er einzigartig.

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